von Heinrich von Kleist
Wo steht die Sonne?
Vor den Toren Trojas tobt die Schlacht als plötzlich unter Führung ihrer Königin Penthesilea das Heer der Amazonen auftaucht. Die Trojaner, in der Hoffnung auf Verstärkung, schicken den bis an die Zähne bewaffneten Frauen ein Begrüßungscorps entgegen. Zu ihrer Verblüffung aber werden sie von diesen unvermittelt angegriffen. Den Griechen nun, im Glauben, die Unterstützung der Amazonen müsse also ihnen gelten, ergeht es nicht anders. Es folgt eine Schlacht an zwei Fronten, in deren Verlauf sich die beiden ursprünglich verfeindeten Männerheere paradoxerweise gemeinsam ihrer Haut erwehren müssen. Von Beginn an haben wir es also mit einer typisch Kleist'schen Dramaturgie zu tun: dem Ausnahme- als Normalzustand.
Das plötzliche Auftauchen der Amazonen stellt die tradierte Ordnung des Krieges auf den Kopf. Kleist wäre aber nicht Kleist, wenn er nicht auch die Welt der Amazonen buchstäblich im Augen-Blick auf den Kopf stellte. Der männerlose Amazonenstaat – einst entstanden als Reaktion auf die traumatische Erfahrung einer kollektiven Vergewaltigung – duldet Erotik nur als Mittel zur Fortpflanzung. Aus diesem Grund ziehen die Frauen einmal im Jahr in den Krieg, um sich im Kampf einen Mann zu erobern. Die Wahl nach eigener Neigung ist ihnen streng untersagt, gilt es doch zu vermeiden, dass eine sich verliebt und ihren Partner halten will. Ausgerechnet die Königin bricht das Gesetz, und sie selbst zerbricht daran. Ihr Blick fällt auf Achill, den sie nicht besiegen kann. Doch auch Achill verliebt sich und macht sie glauben, er sei ihr Gefangener. Das Liebesglück ist nur von kurzer Dauer: Die Schlacht reißt die beiden wieder auseinander. Kaum hat Penthesilea erfahren, dass sie ihm unterlegen war, fordert sie Achill erneut zum Kampf auf Leben und Tod.
Premiere: 2. April 2011
Inszenierung: Wojtek Klemm
Dramaturgie: Lutz Keßler
Ausstattung: Mascha Mazur
Choreografie: Efrat Stempler
Musik: Dominik Strycharski
Photos by Bartlomiej Sowa