Sechs Menschen sind eingeschlossen in einem Raum. Jeder hat eine bestimmte Funktion und alle bilden eine seltsame
Konstellation mit einem gemeinsamen Nenner irgendwo ist eine tickende Bombe versteckt. Intimität in einer extremen Situation,
Solidarität in einer seltsamen Konstellation. Verdacht. Konfusion. Die Gruppe versucht zu überleben. In einer Zeit, in der Bomben laufen können bzw.
menschliche Körper sind, verschiebt sich die gegenseitige Wahrnehmung. Der hermetische Raum wird zu einer Metapher einer ganzen Realität,
die ständig auf der Kippe steht,
er Überlebensinstinkt initiiert und manipuliert die Beziehungen darin. Der Rhythmus verdoppelt sich und die Entscheidungen werden spontan, schnell und
laut. Das Leben unter ständiger Bedrohung wird zu einem absurden Begriff. Die Macht einerseits und der Humor anderseits verschmelzen zu einem amorphen Gebilde. Zynismus ist die Folge. Oder? Efrat Stempler benutzt Zitate, Texte und Geschichten aus der
Zeit des RAF-Terrors und sucht nach Parallelen zwischen Damals und Heute. Inspiriert von dem Buch „Der Mensch
als Bombe“ von W. Schmidbauer sucht sie nach der Nadel im Heuhaufen – nach der Antwort / der Erklärung / dem Sinn im Wahnsinn des Krieges und
der terroristischen Bedrohung.
Efrat Stempler hat ihre Kurzversion des Stücks von 2005 nach den Kämpfen zwischen der Hisbollah und Israel im Sommer 2006 um ihre in Berlin empfundene
Verwirrung zwischen Verteidigen- und Verurteilenmüssen vertieft. Ihr ist die Verallgemeinerung der Selbstbefragung gelungen, indem sie den Gefechtskontext banalen menschlichen Gefühlen
aussetzt. Dies alles ist sehr dicht und schnell choreographiert. … unpathe-tisch und intensiv, Sound und Licht befördern so zwingend den Verfolgungswahn, dass man anhalten und aussteigen
möchte. Langer kräftiger Applaus. Anschauen
und Aushalten!
LEIPZIGER VOLKSZEITUNG. 19.04.08
Mit: Philipp Danzeisen, Miona Petrovic, Brit Rodemund, Alexander Sieber,
nat Vaadia, Nicky Vanoppen
Konzept+realisation: Efrat Stempler
Choreographie: Cie. Efrat Stempler
Dramaturgie: Wojtek Klemm
Musik: Philipp Danzeisen
Bühnenkonzept: Efrat Stempler
Video: Konstantin Hapke
PREMIERE: 17 April 2008
WIETER VORSTELLUNGEN: 18-20 April und 6-8 Juni im Lofft Leipzig, sowie 13-15 Mai 2008 in Pumpwerk, Berlin.
Eine Produktion von Tanzhaus Leipzig und Efrat Stempler in Koproduktion mit dem Teatr Jelenia Gora, Das Pumpwerk Berlin und LOFFT. Leipzig.
Gefördert durch Kulturstiftung des Freistaates Sachsen,
Stadt Leipzig - Kulturamt, Stiftung
ZURÜCKGEBEN, Y.T.S. Systems Ltd., European Cultural Foundation (STEP beyond), AVIVA – Online für Frauen.
Weitere Kritiken:
Eine unaufhaltsame Dynamik setzt die israelische Choreografin Efrat Stempler in ihrem Stück "1, 2, 3 Sauerfisch" in Gang. Was zuerst noch lustig klingt, wird schnell zur ernsten
Sache.
BERLINER ZEITUNG 09.05.08
Die Angst im N a c k e n .
Doch der Choreografin Efrat Stempler geht es nicht um ein bloßes Politikum, wenn sie die Tänzer in der Art des Kinderspiels „1, 2, 3 Sauerfisch“ – hierzulande als „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“
bekannt - aufeinander loslässt. Der Einfluss des Terrors auf unsere sozialen Codes und Verhaltensweisen sei für sie faszinierend, sagt Stempler, die aus Israel stammend sich intensiv mit dem Thema
auseinandergesetzt hat. Ein bestimmter Raum und eine bestimmte Zeit können plötzlich zur tödlichen Gefahr werden. Miona Petrovic, Brit Rodemund, Alexander Sieber, Anat Vaadia und Nicky Vanoppen
tanzen sich hochkonzentriert und ohne Pathos zum Showdown. Das Ende, bei dem alles offen bleibt, hätte pointierter ausfallen können. Aber vielleicht ist das ja auch die Crux unserer Zeit. Wer hat
heute noch klare Antworten?
TANZPRESSE -BERLIN. 15.05.08